Rede UB-Parteitag 04.03.2023
Liebe Genossinnen und Genossen!
Alex nahm bereits bei seiner Rede auf dem kleinen Wahlparteitag im August ein Zwischenfazit seit seiner letzten Wahl vor. Ich würde mich in meinem Bericht deswegen gerne vor allem auf die Zeit seit meiner Wahl beziehen, um dann zügig einen Blick nach vorne zu werfen.
Ich erhielt euer Vertrauen für die Nachfolge von Alex in einer Zeit als die Verunsicherung in der Gesellschaft angesichts der Energiepreiskrise, ausgelöst durch den Ukraine-Krieg, mit Händen zu greifen war. Wir haben aber nicht zugesehen. Der Unterbezirksvorstand fand sich direkt zu einer Klausurtagung zusammen, um den Kurs in dieser neuen Krise zu setzen.
Wir führten den Dialog mit zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern der Stadtgesellschaft.
Wir initiierten einen runden Tisch mit Vereinen, Verbänden und Institutionen der Stadt. Daraus gingen Herner Positionspapiere dank Michelle in die Berliner Politik über.
Wir gingen ins Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern in den Stadtteilen – nicht obwohl, sondern weil es keine angenehme Aufgabe war! Und ich bin wirklich stolz darauf mit welcher Offenheit ihr auf mein Angebot des gemeinsamen Dialogs mit den Bürgerinnen und Bürgern eingegangen seid. Ob es im Vereinsheim in Pantringshof, in der türkischen Bäckerei am Herner Bahnhof, der Currywurstbude am Buschmannshof, der Taverne in Eickel oder zuletzt am Kiosk in Sodingen war: die Menschen waren dankbar, dass man sich ihnen in dieser Zeit stellt und ihnen auf Augenhöhe begegnet.
Da müssen wir weiter machen!
Denn: Die Folgen der Krisen der letzten Jahre sind nicht spurlos an unserer Gesellschaft vorüber gegangen. Die Verunsicherung sitzt mittlerweile tief. Man denke nur an die Phase, und daran darf man selbstkritisch erinnern, als in den ersten Verhandlungen um die Entlastungspakate die Rentnerinnen und Rentner „vergessen“ wurden. Das ist zwar korrigiert worden, trug aber zu erheblichen Verunsicherungen bei. So etwas darf nicht mehr wieder passieren.
Der Blick auf die junge Generation macht aber mindestens ebenso Sorgen. Wir dürfen das Ausmaß nicht unterschätzen, in dem diese verunsichert ist. Ein Mädchen, dass 2008 mit gut 10 Jahren so langsam angefangen hat, die Welt wahrzunehmen und in diesem Jahr 25 Jahre alt wird, erlebte: Banken- und Finanzkrise, Eurokrise, Flüchtlingskrise, Klimakrise, Corona-Krise und gerade den schrecklichen Ukraine-Krieg. Zugleich ist das mediale Dauerfeuer von allen Seiten stärker geworden. Das prägt.
Wir müssen dieser Generation jenseits der sozialen Netzwerke Räume zum Miteinander-diskutieren geben und ihnen dabei nach Möglichkeit aufzeigen, dass die Lösungen der großen Fragen unserer Zeit nur im Miteinander erreicht werden können. Und dass es Alternativen zu extremen Maßnahmen wie dem Ankleben auf Straßen gibt, wodurch man Klimaschutzpolitik eben nicht mehrheitsfähig macht.
Diesen Raum werden wir zukünftig zusammen mit den Jusos in einem jährlichen jugendpolitischen Forum geben. Der erste Durchlauf findet im Juni statt.
Der Klimawandel und seine Folgen sind auch bei uns schon jetzt zu merken. Die nächste Herausforderung, die auf uns wartet.
Die SPD darf hier nicht einfach den Grünen hinterherrennen. Und bei allem Respekt vor den Aktivistinnen und Aktivisten von Fridays for Future: sie sind nur ein Teil ihrer Generation. Der andere Teil fragt beispielsweise, ob Klimaschutzpolitik verhindert, dass sie den gesellschaftlichen und damit auch den materiellen Aufstieg schaffen. Um diesen Teil der Generation zu überzeugen, muss ich Klimafrage und Soziale Frage zusammendenken.
Die Grünen interessiert das nicht! Ihnen reicht es in der Klimaschutzdebatte recht zu haben! Recht zu haben, reicht aber nicht in einer Demokratie, liebe Grüne! Klimaschutzpolitik muss am Ende mehrheitsfähig sein!
Ich bin daher froh, dass der Arbeitskreis Umwelt neu gegründet wurde. Von Jungen angeschoben und erfahrenen Kräften unterstützt wird der AK den Parteivorstand in diesem Themenfeld vor Ort helfen.
Die nächste Herausforderung: Das Thema Arbeit. Ob Bildung und Qualifizierung, sozialer Aufstieg, Klimaschutz, Mobilität, Digitalisierung, Zuwanderung, Perspektiven für junge Menschen, Finanzierung unseres Gemeinwesens. Wir landen am Ende immer bei diesem klassischen Themenfeld der SPD und der Gewerkschaften. Dieses Themenfeld befindet sich im Wandel und bewegt nach wie vor die Mehrheit der Menschen. Wenn wir dieses Thema nicht bearbeiten, wer dann?!
Wir haben deswegen mit der AfA an einem Konzept gearbeitet, das vorsieht, dass wir zukünftig einen Monat lang um den 1. Mai herum das Themenfeld Arbeit herausgehoben bearbeiten. In diesem Jahr zwischen der Mai-Demo am 1. Mai und dem Parteitag am 31. Mai wollen wir mit den Hernerinnen und Hernern die Herausforderungen der Arbeitswelt von heute und morgen diskutieren und bei der Planung auf die Gewerkschaften zugehen.Diese alte Bande vor Ort neu zu beleben, ist mir sehr wichtig.
Die nächste Herausforderung lautet: Gute Lebensbedingungen für alle zu schaffen. Dafür sollten wir gezielt in die Viertel hineinschauen, in denen noch nicht alles so gut ist. Es sind nicht viele. Aber die Frage, wie es dort läuft bestimmt auch das Lebensgefühl ganzer Stadtbezirke.
Und nicht zuletzt geht es auch um die Frage gleicher Lebenschancen in unserer Stadt. Wenn ich im Nachgang zu Silvester von den immer noch bestehenden Problemen rund um den Buschmannshof oder einige Wochen später die schlechten WAZ-Leserbewertungen für Horsthausen lese, kann mich das als Sozialdemokrat nicht kalt lassen.
Wir haben in dieser Stadt viel erreicht. Und das, was unser Oberbürgermeister und die Ratsfraktion an Aufbruchstimmung erzeugt haben, ist bewundernswert. Darauf können wir stolz sein! Aber wir sind eben noch lange nicht fertig sind!
Bildung & Schule, Soziales & Arbeit, Städtebau & Quartiersentwicklung, und ja, Sicherheit & Ordnung müssen zusammenwirken, um die Zukunft dieser Quartiere kurz- und langfristig positiv zu entwickeln.
Ich sage also ganz klar an die Menschen in diesen Quartieren: Wir können zwar keine Wunder versprechen! Aber wir bleiben hartnäckig und an eurer Seite, wenn es darum geht zu analysieren, was fehlt, mit euch zu reden und eure Quartiere besser zu machen!
Auch persönlich will ich deswegen vor Ort weiter mit euch in den Ortsvereinen genau dort Präsenz zeigen. Ob im Feldherrenviertel, wo der nächste UB-Vorstand tagen soll, dem Buschmannshof oder auch in der Nähe der Zentraldeponie. Wenn ich von Bürgerdialog auch in schwierigen Lagen rede, nehme ich nicht aus, sondern gehe gerne voran.
Übrigens, diesen einen Hinweis an unseren Kooperationspartner: Zu Lebenschancen in unserer Stadt gehören auch gute Schulgebäude. Das stimmt. Dass wir allerdings ernsthaft über alternative Finanzierungsmöglichkeiten für die Gebäude aus der Not heraus nachdenken müssen, hat nicht mit „Mut“ zu tun, den man nun mal haben müsse, wie es die CDU überall proklamiert. Das hat erst einmal etwas mit einer CDU-geführten Landesregierung zu tun, die weiterhin die armen Kommunen wie Herne ausbluten lässt! Nachfolger für den rot-grünen Stärkungspakt? Fehlanzeige! Altschuldenlösung wie in allen anderen Bundesländern? Fehlanzeige! Mut, liebe CDU Herne heißt, das auch mal den eigenen Leuten auf einem Parteitag zu sagen, so wie das die SPD Herne immer getan hat, wenn es sein musste!
Die letzten Herausforderungen, die ich hier benennen möchte, gehören zusammen: Partei weiterentwickeln, stärken und 2025 erneut stärkste Kraft in Herne zu bleiben.
Liebe Genossinnen und Genossen! Als die WAZ uns kontaktierte und um Mitgliederzahlen bat, haben wir uns entschlossen die Zahlen offen zu legen, nichts zu verheimlichen, was nicht den Datenschutzbestimmungen unterliegt. Wir waren der Auffassung, dass wir damit auch ehrlich mit uns sein müssen.
Unser Problem ist jedoch nicht, dass wir zu viele ältere Genossinnen und Genossen haben! Dieser große Teil unserer Genossinnen und Genossen trägt durch sein Engagement maßgeblich diese Partei mit.
Unser Problem ist vielmehr, dass wir zu wenige Junge, zu wenige Mittelalte, zu wenige Frauen und zu wenige Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Einwanderungsgeschichte in unseren Reihen haben. Und damit müssen wir uns befassen, wenn wir die Strukturen auf Dauer so vorfinden wollen wie heute.
Wir müssen dafür folgenden Spagat hinbekommen: Zum einen sollten wir Traditionen und Gewohnheiten erhalten, hier und da vielleicht sogar neu beleben.
Wir brauchen allerdings auch Geduld und Verständnis, um neue Wege zu gehen. Ob es um neue Formate oder etwa neue Themen geht: Die Lebenswelt von Frauen bspw. hat sich in den letzten Jahrzehnten dramatisch geändert. Die Themen, mit denen sie sich von der Sozialdemokratie abgeholt fühlen ebenfalls. Dieses Bewusstsein werden wir mit der AsFab diesem Jahr jährlich in einem Frauenempfang manifestieren, zu dem wir engagierte Frauen der Stadtgesellschaft zu Austausch und Diskussion einladen!
Nur mit Zusammenhalt und dem gegenseitigen Verständnis der Generationen werden wir also unsere Partei auf der Höhe halten und neue Menschen für uns begeistern können, die uns eben dabei helfen!
Und auch dadurch, dass wir zeigen, wie viele wir sind. Mir war in den letzten Monaten wichtig zu zeigen, dass die SPD Herne mehr als 3-4 Gesichter hat. Diejenigen, die die SPD vertreten und Verantwortung übernehmen, sollen in Gänze in ihrer Vielfalt auch nach außen wahrgenommen werden. Und das haben wir bspw. in den sozialen Netzwerken angefangen umzusetzen. Politik ist eben Mannschaftssport! Und dieses Motto leben wir weiter: der UB-Vorstand hat in seiner letzten Sitzung neue Strukturen beschlossen, die eine Mitarbeit an der Modernisierung der Partei ermöglichen, auch wenn man nicht im Vorstand sitzt. Genauso wie ein neues, systemtisches Bildungsprogramm, das wir mit unseren Bildungsbeauftragten im Unterbezirk erarbeiten werden, wie es der UB-Vorstand in seiner letzten Sitzung beschlossen hat. Wir werden jedenfalls keine Fähigkeiten liegen lassen.
Und mit dieser Geschlossenheit will ich mit dem neuen Vorstand, der Ratsfraktion, den Bezirksfraktionen und -Bürgermeistern, unserem Oberbürgermeister, unseren Abgeordneten und euch an ein wichtiges Jahr herangehen: das Wahljahr 2025. Die Vorbereitungen werden ab Mitte dieses Jahres losgehen.
Das Fundament ist gelegt: Neue Impulse für die Stadtentwicklung sind gesetzt und wir sind die bürgernahe politische Kraft. Diese Bürgernähe ist die Stärke, die wir weiter ausbauen müssen. Nicht nur, um eine Wahl zu gewinnen, sondern weil es ur-sozialdemokratisch ist.
Liebe Genossinnen und Genossen! Ich bin als Vorsitzender des Unterbezirks natürlich in der Verantwortung für all‘ das, was ich angesprochen habe, mich mit aller Kraft einzusetzen, aber das kann ich nur mit einem starken Team an meiner Seite. Deswegen freue ich mich, wenn ihr das Vertrauen weiter schenken würdet, diesen Weg mit euch zusammen zu gestalten und tatkräftig für unsere Stadt, für die Bürgerinnen und Bürger, Vollgas zu geben!
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit! Glück Auf!